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Auszugsweise Abschrift aus Mobilität und Klima, S. 77,79,80,83

3 Wirkungen und Folgen des Verkehrs

In der Arbeit der Enquete-Kommission ,,Schutz der Erdatmosphäre" geht es vor allem um die Wirkungen verschiedener anthropogener Aktivitäten auf das globale Klima sowie die Möglichkeit einer langfristig tragfähigen Entwicklung bei wachsender Weltbevölkerung bevorzugt zu behandeln. Der Verkehrsbereich spielt insofern eine besondere Rolle, als er sowohl zu einer Klimaänderung als auch durch die Emission verschiedener Schadstoffen zu lokalen und regionalen Umweltproblemen (z. B. Photosmog) beiträgt, die Fauna und Flora in zunehmendem Umfang nachteilig beeinflussen und zu einem erheblichen Verlust von Lebensqualität führen. Hinzu kommen Unfallfolgen, Lärmbelästigung, Bodenversiegelung durch den Bau von Straßen usw., die Auswirkung auf die Raumstruktur (gebaute Umwelt) sowie der Ressourcenverbrauch durch die Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Fahrzeugen. Der Verkehr entwickelt dabei eine Eigendynamik, welche zu Strukturen mit weiter anwachsendem Verkehr führt, die nur schwer änderbar sind. Wenn Strategien zur Verringerung und Bewältigung der Auswirkungen des Verkehrs erstellt und Maßnahmen zur Minderung der Verkehrsemissionen entwickelt werden sollen, müssen die negativen und positiven Seiten des Verkehrs gegeneinander abgewogen werden.

3.1 Belastungen durch Emissionen

3.1.1 Globale Auswirkungen der Verkehrsemissionen

Der weltweit abgewickelte Verkehr hat mit etwa 20 % einen wesentlichen Anteil an der anthropogenen CO2-Freisetzung durch Verbrennung fossiler Energieträger 1) und trägt damit signifikant zur Veränderung des globalen Klimas der Erde bei (EK, 1992; UN, 1990). Zusatzlich werden durch den Verkehr u.a. NOx, VOC und CO emittiert, die über die

----------- 1) Die CO2-Emissionen des weltweit abgewickelten Verkehrs entsprechen etwa 16% der gesamten anthropogenen CO2-Emissionen bzw. etwa 8% aller anthropogenen Treibhaus relevanten Spurengasemissionen (EK, 1992).

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photochemische Bildung des klimarelevanten Ozons (O3) in der Troposphäre den durch die Emission des CO2 bedingten Treibhauseffekt verstärken. In den mittleren Breiten der Nordhemisphäre wird eine Zunahme der O3-Konzentrationen von ca. 1 % pro Jahr beobachtet, die im wesentlichen auf den Anstieg des Verkehrs und der damit zusammenhängenden Emission der zuvor genannten Spurengase zurückgeführt wird. Insgesamt hat sich die O3-Konzentration in der freien Troposphäre über Europa nachweislich von ca. 10-15 ppbv in der frühindustriellen Zeit auf den heute beobachteten Jahresmittelwert von ca. 40-50 ppbv erhöht (Volz u. Kley, 1988).

Sonderaspekt Luftverkehr

Bei der Bewertung des Anteils der einzelnen Verkehrsträger an der Klimaänderung kommt dem Luftverkehr insofern eine Sonderstellung zu, als dieser zwar nur in einem geringen Umfang zur Emission von CO2, NOx, VOC und CO durch den Gesamtverkehr beiträgt, der Hauptanteil dieser Emissionen aber im Reiseflug, d. h. in Höhen von 8 bis 12 km Höhe (Bereich der Tropopause), erfolgt. Dieser Höhenbereich ist dadurch charakterisiert, daß

- die natürlichen Hintergrundkonzentrationen dieser Spurengase sehr gering sind,

- die Verweilzeiten dieser Spurengase im Höhenbereich des Reiseflugverkehrs um ein Vielfaches größer sind als in der Nähe der Erdoberfläche und mit Eintritt in die stabil geschichtete Stratosphäre sprunghaft weiter ansteigen,

- hier die niedrigsten Temperaturen der gesamten Atmosphäre gemessen werden und somit ein Einbringen von zusätzlichen wärmestrahlungsabsorbierenden Gasen einen deutlich stärkeren Treibhauseffekt bewirkt als vergleichbare Emissionen in der Nähe der Erdoberfläche (Graßl, 1990).

Damit kommt den Emissionen des Luftverkehrs, obwohl sie nur einen kleinen, aber stetig wachsenden Anteil an den Gesamtemissionen des Verkehrs ausmachen, eine erhebliche klimarelevante Bedeutung zu. Schumann (1993) schätzte die luftverkehrsbedingten klimarelevanten Emissionen des weltweiten Lufhrerkehrs für das Jahr 1990 ab (Tab. 3.2-1). Danach wurden durch den Luftverkehr etwa 550 Mio. t CO2 emittiert, was einem Anteil an der weltweiten CO2-Emission durch Verbrennung fossiler Energieträger von ca. 3% entspricht. Der weltweite Luftverkehr verbrauchte rund 180 Mt Treibstoff, wobei der Anteil des Zivilluftverkehrs auf etwa 70% geschätzt wird (BT-DS 12/2183). Die gesamten,

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flugzeugbedingten H2O-Emissionen betrugen rund 220 Mt. Die Tabelle 3.1-1 enthält außerdem Angaben über die Emissionen weiterer, anthropogener und natürlicher Quellen. So ist z. B. der luftverkehrsbedingte H2O-Eintrag im Vergleich zum Wasserdampfanteil, der über die Verdunstung an der Erdoberfläche in die Atmosphäre transportiert wird, verschwindend gering. Dieser ist jedoch größer als der durch Oxidation von Methan gebildete Wasserdampfanteil. Die luftverkehrsbedingten NOx-Emissionen, die überwiegend in Reiseflughöhe stattfinden (s. u.), machen mit 3,2 Mio. t pro Jahr zwar nur etwa 3% aller anthropogenen Emissionen aus, liegen jedoch in der gleichen Größenordnung wie der natürliche NOx-Transport von der Stratosphäre in die Troposphäre. Der luftverkehrsbedingte Beitrag zum atmosphärischen CO-, HC- und SO2-Budget ist dagegen gering.

Der größte Anteil der luftverkehrsbedingten Emissionen erfolgt in der Nordhemisphäre, hier insbesondere über dem europäischen und amerikanischen Kontinent sowie auf den Hauptflugrouten über dem Atlantik und Pazifik. Abb. 3.1-1 vermittelt einen Eindruck über die geographische Verteilung der NOx-Emissionen oberhalb von 8 km entlang der Flugrouten. Diese machen etwa 60 % der Gesamtemissionen von NOx durch den Luftverkehr aus. Abb 3.1-2 zeigt die berechnete NOx-Verteilung in 11 km Höhe an. Die NOx-Zunahme ist insbesondere in den mittleren Breiten der Nordhemisphäre hoch. Hier liegt der Anteil des Flugverkehrs an den NOx-Emissionen in den oberen Schichten der Troposphäre bei 40% (Ehhalt u. a., 1992). Insgesamt werden weltweit etwa 1/5 der flugzeugbedingten Emissionen in die unteren Schichten der nördlichen Stratosphäre eingetragen, die restlichen 4/5 innerhalb der gesamten Troposphäre. Diese Emissionen verursachen nach Schumann (1993) einen signifikanten Anstieg der mittleren Konzentrationen von NOx und S02 in den höheren Schichten der Troposphäre und im Bereich der unteren Stratosphäre.

Innerhalb des Luftraums über Deutschland erfolgt der Hauptanteil der CO- und VOC-Emissionen des zivilen Luftverkehrs unterhalb einer Höhe von etwa 3 000 m, wobei die höchsten Emissionen im Standlauf sowie im Rollbetrieb (Verkehr zwischen Lande- bzw. Startbahn und den Terminals) zu verzeichnen sind. Dabei kann sich die durchschnittliche NOx- und CO- Belastung im Bereich großer Flughäfen zumindest zeitweise deutlich erhöhen. Rund 2/3 der CO2-, SO2- und NOx-Emissionen erfolgen oberhalb von 3 000 m, davon die Hälfte im Bereich der Tropopause (9 000 m). Der Anteil des militärischen Luftverkehrs hat einen Anteil von etwa 6% an den Gesamtemissionen in Deutschland oberhalb von 3000 m (BT-DS 12/2183).

Neben der direkten Strahlungswirkung kommt dem flugzeugbedingten H2O-Eintrag eine zusätzliche Klimawirksamkeit durch die Bildung von

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hohen, aus Eispartikeln bestehenden Wolken zu. Diese Wolken weisen abhängig von der Größenverteilung der Eispartikel - einen positiven Treibhauseffekt auf. Schumann und Wendling (1990) bezifferten die durch den H2O-Eintrag des Luftverkehrs bedingte Bewölkungszunahme über Mitteleuropa mit 0,4%.

Die flugzeugbedingten NOx-Emissionen sind auschließlich indirekt klimawirksam. Sie tragen über eine photohemische Reaktionskette u. a. unter Mitwirkung von Methan, CO und OH - zu einer Zunahme des Ozongehaltes im Bereich der Tropopause bei. Neuere Abschätzungen zum Beitrag des Luftverkehrs zu dieser Ozonzunahme liegen zwischen 7% Johnson u. Henshaw, 1991) und 12% (Beck u. a., 1992). Unterstellt man einen weiteren Zuwachs des Flugverkehrs in den kommenden Jahren von 5% pro Jahr, so wird die flugzeugbedingte Zunahme der O3-Konzentration in Reiseflughöhe lokal 20 bis 30% betragen (Beck u. a., 1992).

Die flugzeugbedingten SO2-Emissionen sind - in der Stratosphäre ebenfalls indirekt klima- und ozonwirksam. SO2 wird in Sulfat- Aerosolteilchen umgewandelt. Neben der direkten Strahlungswirksamkeit spielt das Sulfat-Aerosol eine bedeutende Rolle beim stratosphärischen Ozonabbau (Arnold u. a., 1992). In dieser Höhenschicht ist in den letzten 18 Jahren ein Anstieg des stratosphärischen Hintergrund- Sulfataerosols von 5% pro Jahr (Hofmann, 1991; Jäger, 1992) beobachtet worden, der zu einem erheblichen Teil sowohl auf die Zunahme des Flugverkehrs als auch auf die mit der Zeit ansteigenden Flughöhen zurückgeführt wird .

Die Auswirkungen der flugzeugbedingten Emissionen im Bereich der Tropopause für das Klima der Erde werden gegenwärtig untersucht (z. B. Schumann, 1993).

3.1.2 Regionale Auswirkungen der Verkehrssemissionen

Der Verkehrsbereich trägt durch die Emissionen von NOx, CO und VOC erheblich zur regionalen Luftverschmutzung bei. In den industriellen Ballungsgebieten sowie in Städten ist der Verkehrsbereich der größte Einzelemittent, obwohl die spezifischen Emissionsraten durch technische Maßnahmen an den Fahrzeugen gegenüber 1988 teilweise erheblich reduziert wurden. Die zuvor genannten Spurengase gewinnen dadurch an großer Bedeutung, daß sie zur photochemischen Bildung von Photooxidantien, u. a. von Ozon, beitragen, die extrem toxisch wirken und den Säuregehalt des Niederschlags entscheidend mitbestimmen.

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